Netflix-Doku über Michael Schumacher Empfohlen

Um Michael Schumacher war es seit seinem schweren Ski-Unfall im Jahr 2013 ruhig geworden. Doch nun bekommen die Fans des siebenfachen Weltmeisters endlich wieder etwas über ihren Helden zu sehen. Der Streaming-Dienst Netflix hat seit dem 15. September einen Dokumentarfilm über den ehemaligen Formel-1-Superstar im Angebot.

In dem sehr emotionalen Porträt wird jede Menge bisher unveröffentlichtes Archivmaterial gezeigt. Die Familie hat zudem erstmals Aufnahmen aus dem privaten Archiv freigegeben. Urlaubsfilme vom Tauchen, vom Falschirmspringen, vom Snowmobil-Fahren oder bei engsten Familienfeiern, wie zum Beispiel der Hochzeit, zeigen Schumacher von einer ganz privaten Seite, wie man sie während seiner aktiven Karriere nur selten zu sehen bekam.

Dazu kommen viele Familienmitglieder wie Vater Rolf und Bruder Ralf sowie Ehefrau Corinna und seine beiden Kinder Gina und Mick zu Wort. Auch viele ehemalige Wegbegleiter, wie Jean Todt, Bernie Ecclestone, Sebastian Vettel, Mika Häkkinen, Damon Hill, Flavio Briatore, David Coulthard, Willi Weber, Luca di Montezemolo, Piero Ferrari, oder seine Managerin Sabine Kehm standen für Interviews bereit.

Kritisches Porträt über Schumacher

Erzählt wird die Geschichte eines Sportlers, der es aus einfachen Verhältnissen an die Spitze der Formel 1 schaffte und die Königsklasse für lange Jahre dominiert hat. Vater Rolf Schumacher erinnert sich zum Beispiel, wie sein Sohn nach der Kartzeit einen Fünf-Jahres-Vertrag bei Willi Weber unterschrieb, der ihm einen PKW und 2.000 DM monatlich einbrachte.

Der Manager erinnert sich an einen eher schüchternen jungen Mann, der zu Beginn seiner Karriere eigentlich kein Star werden wollte und plötzlich ins Licht der Öffentlichkeit geriet. "Vor seinem ersten Rennen in Spa haben wir noch zusammen Pizza gegessen und keiner hat uns angesprochen. Das war das letzte Mal, dass uns keiner angesprochen hat."

Die Dokumentation zeigt, wie ein leidenschaftlicher Kämpfer die Grenzen seines Sports immer weiter verschob, und wie der Teamplayer Schumacher seine Teammitglieder immer wieder mit Respekt und Hochachtung auf seine Seite ziehen konnte und damit die Rekordbücher der Formel 1 umschrieb.

Schumi zeigt Emotionen

Tiefpunkte, wie der Tod von Ayrton Senna, das verlorene WM-Duell mit Jacques Villeneuve 1997 in Jerez oder der schwere Unfall in Silverstone 1999 werden genauso thematisiert, wie die großen Karriere-Highlights. Der Aufstieg vom Kart bis auf die große Formel-1-Bühne in Spa, der erste Sieg mit Benetton oder die Erlösung beim Titelgewinn mit Ferrari – mit starken Bildern skiziiert der Film eine emotionsreiche Achterbahn-Karriere.

Besonders in Erinnerung bleibt ein Satz von David Coulthard, der sich an die dramatische Kollision im Regen von Spa 1998 erinnert: "Wir haben danach im Zelt von Bernie Ecclestone zusammengesessen. Ich habe meine Rolle bei dem Unfall zugegegeben. Aber ich wollte, dass auch er einen Teil der Verantwortung übernimmt. Doch er winkte nur ab. Obwohl er damals in mich reingefahren ist. Ich habe ihn gefragt, ob er sich denn niemals irrt. Er überlegte kurz und sagte dann: Nicht dass ich mich erinnern kann."

Die Aussagen seiner engsten Wegbegleiter zeigen die zahlreichen Facetten einer vielschichtigen Persönlichkeit. Herausgekommen ist am Ende ein sehr sensibles und dennoch kritisches Porträt des Rennfahrers und der Privatperson Michael Schumacher. Es wird vor allem deutlich, dass der siebenfache Weltmeister nicht diese kühle und berechnende Rennmaschine war, für den ihn viele heute noch halten.

F1-Karriere mit Schutzengel

"Michael hatte auch Selbstzweifel", verrät Eherfrau Corinna. "Aber er war der Meister im Ausblenden. Er hatte einfach diese mentale Stärke. Und er zeigt uns heute noch jeden Tag, wie stark er ist." Managerin Sabine Kehm erklärt, warum man diese Seite früher nie zu sehen bekam: "Es war immer wichtig für ihn, dass keiner im Team merkt, wenn er mal zu kämpfen hatte."

Der Film hat aber zwischendurch auch immer wieder lockere Momente zu bieten, zum Beispiel wenn es etwas zu Feiern gab – was ja bekanntlich häufiger der Fall war. "Bei Partys war er immer der Erste, der da war, und der Letzte der ging", erinnert sich Corinna. Sohn Mick fügt an: "Wenn ich an die Vergangenheit denke, kommen mir immer Bilder in den Kopf, wo wir vier viel Spaß haben."

Bis auf den schon erwähnte Beinbruch in Silverstone, der den heute 52-Jährigen 1999 für sechs Rennen auf die Ersatzbank zwang, kam Schumi in den 307 Grands Prix seiner F1-Karriere relativ ungeschoren davon. "Ich wusste immer, dass er einen Schutzengel hat, der nach ihm schaut", so Corinna. "Ich weiß nicht, ob das ein Schutz war, den man sich selber aufbaut hat, oder ob das in gewisser Weise naiv ist. Ich hätte im Leben nicht geglaubt, dass Michael etwas passieren kann."

Unfall verändert das ganze Leben

Doch dann kam der 29. Dezember 2013. Ein Tag auf der Skipiste in den französischen Alpen veränderte das Leben aller Beteiligten. Das letzte und dramatischste Kapitel des 110-minütigen Films dürfte alle seine Fans besonders in der Seele berühren. Zum ersten Mal spricht die Familie offen über die schwere Zeit: "In Meribel sagte er kurz vorher noch zu mir: Der Schnee ist nicht optimal. Wir könnten ja auch nach Dubai gehen und Fallschirmspringen", erinnert sich Corinna.

Der Unfall traf alle Beteiligten völlig unvorbereitet: "Ich habe nie dem lieben Gott einen Vorwurf gemacht. Es war einfach richtig Pech. Mehr Pech kann man im Leben nicht haben", so Corinna. "Es ist ganz klar, dass mir Michael jeden Tag fehlt. Die ganze Familie vermisst Michael. Aber er ist ja noch da – wenn auch anders. Das gibt uns allen Kraft. Wir leben zusammen zuhause und machen alles, damit es Michael gutgeht."

Auch Sohn Mick, der mittlerweile selbst in der Formel 1 fährt, fällt es sichtlich schwer, über das Schicksal seines Vaters zu sprechen: "Es gibt Momente, die viele mit ihren Eltern erleben, die nach dem Unfall einfach nicht da sind. Das finde ich ein bisschen unfair. Ich glaube, dass Papa und ich uns auf eine bestimmte Art und Weise verstehen würden. Weil wir beide die Motorsportsprache sprechen. Wir hätten sicher viel zu bequatschen. Das ist die meiste Zeit in meinem Kopf, wo ich mir einfach denke: Es wäre so cool. Ich würde alles aufgeben, nur für das."

Auch seine Fans vermissen Schumacher. Auf ein Lebenszeichen werden die Anhänger aber weiter warten müssen. Corinna bittet um Verständnis: "Wir versuchen unser Familienleben weiter so zu leben, wie Michael das gerne gehabt hat. Privat ist privat – so hat er es immer gesagt. Für mich ist wichtig, dass er sein Privatleben so gut es geht genießen kann. Früher hat Michael uns beschützt und jetzt beschützen wir Michael."


Quelle: https://www.auto-motor-und-spo…x-dokumentation-portraet/